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Projekt „Askania  Nova”

Das heutige UNESCO-Naturreservat „Askania Nova” in der Südukraine ist in den Staaten Osteuropas weit bekannt, leider geriet es im Land seines Ursprungs in Vergessenheit. Diese ehemals anhalt-köthensche Kolonie soll wieder in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt werden.

Der unternehmerische Tatendrang und das europabezogene Denken, welches sowohl vom Herzogshaus als auch von den Siedlern an den Tag gelegt wurde, können beispielgebend für unsere und für zukünftige Generationen sein. So kann sowohl die Region um Köthen als auch ganz Sachsen-Anhalt aus der Geschichte Askania Novas Impulse für ein modernes, politisches und wirtschaftliches Handeln geben.

Der Verein Studium Hallense bearbeitet bei diesem Projekt die historischen Quellen und schafft somit eine wissenschaftliche Grundlage zur Gründung der Bürgerstiftung „Askania Nova” in Köthen.

Projektleiter Studium Hallense e. V.:

  • Thomas Severin M.A.           

Kooperationspartner:

  • Dr. Roland Strauß (Halle) Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
  • Romina Dippe (Bobbau) Projektverantwortliche Bürgerstiftung „Askania Nova” Köthen
  • Benjamin Grischkat (Halle) stud. Unternehmensberatung „campus contact” Halle(Saale)

Askania Nova - Ein Erbe Anhalts


Askania Nova um 1840

Askania Nova um 1840

Ende des 18. Jahrhunderts war Anhalt eines der führenden Länder Europas in der Wolleproduktion. Die Kapazitäten im Land waren jedoch bald ausgereizt. Deshalb gründete Herzog Ferdinand Friedrich von Anhalt-Köthen (1769 – 1830) im Jahre 1828 die Kolonie Askania Nova, um dort Schafzucht zu betreiben und damit die anhaltische Wirtschaft zu sichern. Dafür übertrug ein Ukas des Zaren Nikolaus I. (1796 – 1855) Besitzungen an den Herzog von Anhalt-Köthen. Eine solche Besitzübertragung war keineswegs neu: Schon Zarin Katharina II. (1729 – 1796) – aus Anhalt-Zerbst stammend – griff auf deutsche Siedler zurück, um den Süden des Zarenreichs, der von den Osmanen für das russische Reich erobert worden war, zu besiedeln und zu beleben. Nikolaus I. folgte dieser Tradition und eröffnete deutschen Siedlern die Möglichkeit, eine neue Heimat in der heutigen Südukraine zu finden.

Als Herzog Ferdinand Friedrich 1830 starb, übernahm dessen Bruder Heinrich (1778 – 1847) die Regierungsgeschäfte von Anhalt-Köthen und somit auch Askania Nova; er führte die Kolonisation im Sinne seines Bruders fort.

Zum Teil freiwillige, zum Teil verpflichtete Siedler wurden mit 6000 Schafen nach Askania Nova geschickt. Sie hatten von Anfang an mit den Unwirtlichkeiten der Steppe zu kämpfen: sehr kalte Winter und extrem trockene Sommer erschwerten Leben und Arbeit, doch gelang es den Siedlern, Häuser zu bauen, Wege anzulegen und Brunnen zu graben. Die Kolonisten passten sich allmählich an das raue Klima an und etablierten eine ökonomische Schafzucht. Die aufstrebende Entwicklung wird deutlich, wirft man einen Blick auf die Einwohnerzahlen: Bereits 1836 - nur acht Jahre nach der Gründung – lebten 268 Personen in der Kolonie und versorgten 21.750 Schafe.

Nach dem Tode Heinrichs, dem letzten Herzog Anhalt-Köthens, fiel die Kolonie an die Anhalt-Dessauer Linie der Askanier und an Herzog Leopold IV. von Anhalt Dessau (1794 – 1881). Im Jahr 1856 verkaufte Herzog Leopold IV. Askania Nova und die angrenzenden Gebiete mit 49.000 Schafen, 640 Pferden und 549 Rindern an den in Chemnitz geborenen Friedrich Fein (1794 – 1864). Welche Gründe ihn zum Verkauf bewogen hatten, ist unklar und eine Fragestellung der historischen Forschung.

Friedrich Fein bewirtschaftete das Gut als Schafs- und Pferdefarm und lieferte Pferde an die russische Armee. Nach der Hochzeit von Feins Tochter Elisabeth Anna (1819 – 1875) mit Johann Gottlieb Pfalz (1806-1872), bekam die Familie vom Zaren die Erlaubnis, den Namen Falz-Fein zu tragen.

Der Enkel Johann Gottliebs und Elisabeth Annas, Friedrich Falz-Fein (1863 – 1920), der 1915 durch Zar Nikolaus II. in den erblichen Adelsstand eines Barons erhoben wurde, begnügte sich nicht mehr mit der Schafs- und Pferdezucht. Stattdessen legte er ab 1887 ein Naturschutzgebiet mit botanischem Garten und Tierpark an. 1914 lebten im Naturreservat Friedrichs von Falz-Fein noch immer 500.000 Schafe, dazu 58 weitere Säugetier- und zahlreiche Vogelarten.

Nach der russischen Oktoberrevolution und der Enteignung der Familie wurde das gesamte Gebiet 1921 staatliches Naturschutzgebiet der Ukraine. 1984 wurde die ehemalige Kolonie in das Internationale System der Naturschutzgebiete der UNESCO eingetragen. So beherbergt das Landstück bis heute exotische Tiere wie Antilopen, Bisons, Zebras, Strauße oder Przewalski-Pferde. Damit steht Askania Nova heute in einer Reihe mit dem Yellowstone Nationalpark in den USA oder dem Serengeti Nationalpark in Tansania. Auch die anhaltische Geschichte wirkt bis heute: so befindet sich in Askania Nova der Sitz des ukrainischen Schafzuchtinstitutes.

Friedrich von Falz-FeinFriedrich von Falz-Fein